Tischtennis, oder wie das heisst

 nicht erst seit der Pisa-Studie wissen wir, dass wir Erwachsenen besonders gefordert sind, unser Wissen an die Kinder und Jugendlichen weiterzugeben.

Auch im Sport haben wir immer wieder Gelegenheit, den Wissensdurst unseres Nachwuchses zu stillen.

Vor einer Reihe von Jahren war es mir vergönnt, mich mit einem kleinen Jungen auszutauschen über die Geheimnisse des Tischtennis. Vorausgeschickt werden muss, dass ich zu dem Zeitpunkt bereits seit über 20 Jahre Tischtennis gespielt habe und noch zu der Generation Tischtennis-Spieler gehöre, die mit den unterschiedlichen Schläger-Belägen nicht viel anfangen konnte.

Das Gespräch, um das es hier ging, verlief in etwa so.

 

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"Was hast Du für einen Schläger?" wollte der kleine Junge von mir wissen. Elf war er, höchstens zwölf, er hätte also durchaus mein Sohn sein können.
"Einen Tischtennisschläger", belehrte ich ihn.
"Nein, ich meine, was für einen Belag hast Du," setzte er nach.
"Einen roten", antwortete ich wahrheitsgemäß.
"Du verstehst mich nicht, schüttelte er den Kopf, ich will wissen, ob Du Tackiness, Anti, Sriver oder Noppe hast?"
Was wollte der Kleine von mir wissen? Ob ich Anti, Tackiness oder was habe?
Mein erster Gedanke war, wie schreibt man das eigentlich alles. Allerdings war das jetzt eher eine zweitrangige Frage. Viel wichtiger war zunächst die Frage,
was ist das denn überhaupt.

Ich wagte die Flucht nach vorne.
"Tackiness," behauptete ich, "ich habe Tackiness."
Warum ich gerade Tackiness wählte, weiss der Himmel. Vielleicht klang der Name so schön.
"Au fein," jubelte der Kleine, "dann bist Du ja auch ein Angriffsspieler, so wie ich."
Ich und ein Angriffsspieler, was habe ich denn da jetzt behauptet.
Schlagartig sah ich die entsetzten Gesichter meiner Mannschaftskameraden vor mir, wenn ich in einem Punktspiel zu einem Schmetterschlag ausholte.
"Ja," versuchte ich mich herauszureden, "ich bin aber dabei, mein Spiel umzustellen. Mir wird es langsam zu schnell und überhaupt kommen die Bälle nicht so kontrolliert."
Mein kleiner Freund schien sich damit zufrieden zu geben.
Dafür wollte er wissen, welches Holz ich denn hätte, ein schnelles oder ein langsames Holz.
Schnelles oder langsames Holz? Was war denn das nun wieder?
Ich versuchte mich an meinen Biologie-Unterricht in der Schule von vor zig-Jahren zu erinnern.
An hartes oder weiches Holz konnte ich mich noch erinnern, aber schnelles oder langsames Holz, sagte mir überhaupt nichts. Also wählte ich den goldenen Mittelweg.
"Ich habe ein Allround-Holz, das kommt mir jetzt eher entgegen, weil ich damit besser verteidigen kann, aber ab und zu auch mal reinhauen kann."
Auch damit schien sich mein kleiner Freund zufrieden zu geben. Dafür wollte er von mir wissen, wie teuer denn mein Schläger gewesen sei.
"Na ja, versuchte ich mich rauszureden, er war bestimmt so teuer, wie Dein Schläger gewesen ist." "Dann hast Du ja auch über 100 DM ausgegeben," schaute mich mein Gegenüber ehrfurchtsvoll an.
Jetzt sass ich in der Falle. Ich konnte doch unmöglich zugeben, dass ich meinen Schläger in einem Warenhaus für nicht mal ein Drittel dieser Summe gekauft hatte.
"Na ja," log ich,"ich hatte damals gute Beziehungen zu Tischtennis-Sachen, und da habe ich den Schläger etwas billiger bekommen." 
Jetzt kam mein kleiner Freund aber richtig in Fahrt.
"Ob ich denn auch so viel Schwierigkeiten hätte mit Rückhand-Topspin," wollte er von mir wissen," und überhaupt immer dieses Schupfen und, und, und."
Gott sei Dank mischte sich jetzt der Freund von meinem kleinen Gegenüber ein:
"Nun komm in die Puschen", ermahnte er ihn, "ich muss nach Hause."
Mein kleiner Freund winkte mir noch vom Hallenausgang zu und ich konnte ihm gerade noch zurufen:
"War schön sich mit Dir zu unterhalten. Wenn wir uns mal wiedersehen, frag mich ruhig, ich erzähle Dir dann mehr über Tischtennis....."


Dieter
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PS Mein kleiner Freund hat übrigens später im Tischtennis in Hamburg ziemlich weit oben mitgespielt.

(überarbeitet am 17.08.05)